Macht Schlaf kreativ? Unbestritten hilft Schlaf dem Gedächtnis auf die Sprünge und macht uns leistungsfähig. Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg haben untersucht, ob auch die Kreativität vom Schlaf profitiert.
Ziel der Untersuchung war herauszufinden, ob während des Schlafs Erinnerungen nur gefestigt werden oder diese auch mit anderen Gedächtnisinhalten neu verknüpft werden. Letzteres wird als assoziatives Denken bezeichnet und gilt als eine wesentliche Voraussetzung für kreative Prozesse. Insgesamt 60 Probanden nahmen an der am 1. März 2016 im Fachjournal „Sleep“ veröffentlichten Studie teil. Mithilfe eines Assoziationstests untersuchten die Wissenschaften bei den Teilnehmern, wie kreativ sie die vorgegeben Aufgaben lösten. In 60 Durchgängen mussten sie zu drei Begriffen (etwa „Eule – Flocke – Besen“) ein Wort finden, das alle drei Begriffe sinnvoll ergänzt („Schnee“). Die richtige Lösung erhielten die Testpersonen direkt im Anschluss. So hatten sie die Möglichkeit sich die richtige Antwort zu merken.
Die Studienteilnehmer wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe absolvierte den Test am Abend und schlief danach im Schlaflabor. Die zweite Gruppe durchlief den Test ebenfalls am Abend, musste aber bis zum nächsten Morgen wach bleiben. Die dritte Gruppe durfte den Test morgens machen und konnte danach einen normalen Tag verbringen. Nach acht Stunden wiederholte jede Gruppe den Assoziationstest. Anhand von Zahl und Schnelligkeit der wiederholt richtigen Antworten maßen die Forscher die Gedächtnisleistung. Maßstab für assoziatives und kreatives Denken war die Anzahl und Geschwindigkeit der im zweiten Durchgang erstmals richtig gegebenen Antworten.
Durchwachte Nächte steigern die Kreativität
Diejenigen, die zuvor acht Stunden geschlafen hatten, erinnerten sich am besten und am schnellsten an die im ersten Durchlauf gegebenen richtigen Antworten. Ihre Fähigkeit zuvor ungelöste Aufgaben richtig zu beantworten verbesserte sich nicht. Die Kreativität der Teilnehmer profierte nicht vom Schlaf. „Unsere Studie zeigt klar: die kreative Verarbeitung von Informationen ist im Schlaf nicht stärker als im Wachzustand“, sagt Prof. Nissen. Die „schlaflosen“ Teilnehmer fanden sogar etwas schneller neue, richtige Antworten als die anderen beiden Gruppen. „Unabhängig davon hilft es natürlich, ausgeschlafen zu sein, um wieder neu leistungsfähig zu sein“, stellt Prof. Nissen klar.
Die vorliegenden Erkenntnisse der Untersuchung widersprechen zuvor veröffentlichten Studien, die eine kreative Neuorganisation von Informationen im Schlaf nachweisen konnten. Dabei wurden eher einfache Denkvorgänge untersucht. Das assoziative Denken gilt als höchste Form des kreativen Denkens. „Vermutlich hat Schlaf umso weniger Einfluss auf die kreative Verarbeitung von Informationen, je komplexer die Aufgabe ist“, sagt Prof. Nissen.